Wie oft ist in den Medien plakativ die Rede von „Pfusch am Bau“. Das Thema Mängelhaftung ist ein zentrales und tägliches Thema für einen Bauleiter.
Wie geht man am besten mit Mängelrügen um, wofür haftet eine Baufirma und wie entgeht man unter Umständen der Mängelhaftung?
Wann ist eine Leistung frei von Mängeln?
Bei einem VOB-Vertrag steht in § 13 Abs. 1 VOB/B sehr übersichtlich, was eigentlich die Verpflichtung einer Baufirma ist:
VOB/B §13 Abs. 1: „Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.“
Kerninformation Nummer 1: Der Zeitpunkt der Abnahme einer Bauleistung spielt eine zentrale Rolle.
Kerninformation Nummer 2: Eine Bauleistung ist nur dann mangelfrei, wenn sie (kumulativ, nicht alternativ!) zum einen die vereinbarte Beschaffenheit aufweist und zum anderen den allgemein anerkannten Regeln der Technik – eben zum Zeitpunkt der Abnahme der Bauleistung – entspricht.
Vertrag und Regeln der Technik
„Vereinbarte Beschaffenheit“ heißt, dass die Baufirma das bauen muss, was im Vertrag steht. Und der Vertrag besteht nicht nur aus dem Leistungsverzeichnis (LV), sondern aus vielen weiteren Bestandteilen wie Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen (ZTV), je nachdem, wie das im jeweiligen Vertrag geregelt ist.
Mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist das etwas komplizierter. Das sind Normen und Vorgaben, wie eine bestimmte Bauleistung herzustellen ist und wie Materialen zu bearbeiten sind, die in der Theorie anerkannt sind und in der täglichen Praxis durchwegs von der überwiegenden Mehrheit der Fachbetriebe so gelebt wird.
Achtung! Die Rechtsprechung hat zusätzlich den „funktionalen Mangelbegriff“ dazugesellt. Eine Bauleistung ist nur dann mangelfrei, wenn sie zusätzlich auch noch uneingeschränkt für den bestimmungsgemäßen Gebrauch taugt.
Der Bauherr rügt Mängel – was tun?
Es gibt Mängelrügen, die sind durchaus berechtigt. Und es gibt welche, die tauchen plötzlich auf, sobald die Baufirma die Rechnung stellt und der Bauherr krampfhaft versucht, die Vergütung noch etwas zu drücken. So oder so sollte die Baufirma unverzüglich auf eine Mängelrüge reagieren und den Mangel vor Ort auf der Baustelle selbstkritisch besichtigen. Hat nicht die Baufirma, sondern ein Subunternehmer den Mangel verbockt, sollte der Bauleiter unverzüglich schriftlich die Mängelrüge an den Nachunternehmer durchstellen und diesen zur Mängelbeseitigung auffordern mit entsprechender Frist.
Für welche Mängel haftet die Baufirma?
Das steht in
VOB/B §13 Abs. 5 Nr. 1: „Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt.“
Wie die Baufirma den Mangel beseitigt, entscheidet sie und nicht der Bauherr. Tipp: Die Baufirma sollte mit dem Auftraggeber in engem Austausch bleiben, damit der erkennt, dass sie sich um die Angelegenheit kümmert. Kommt der Bauunternehmer zu dem Schluss, dass das offensichtlich nur ein Sturm im Wasserglas ist und der „Mangel“ gar kein Mangel ist, sollte er das dem Bauherrn ebenso möglichst verständlich schriftlich kommunizieren.
Wann ist eine Frist ausreichend lang?
Frist zur Mängelbeseitigung heißt, dass der Mangel bis zum Ende der Frist beseitigt sein muss. Es reicht nicht aus, wenn die Baufirma am letzten Tag mit der Mängelbeseitigung anfängt. Angemessen ist eine Frist, wenn es möglich ist, innerhalb der Zeit den Mangel erfolgreich zu beseitigen. Sollte die Baufirma der Ansicht sein, dass die Frist zu kurz ist, ist wichtig, dass sie das sofort beim Auftraggeber beanstandet.
Gerade bei Mängelrügen nach Abnahme ist schnelles Handeln wichtig. Hier reicht es im Gegensatz zu Mängeln vor der Abnahme nämlich, wenn der Auftraggeber nur eine Frist zur Mängelbeseitigung setzt. Ist der Mangel bis dahin nicht behoben, kann der Auftraggeber sofort eine Selbstvornahme auf Kosten der Baufirma durchführen.
Zusammenfassung
- Bei Erhalt einer Mängelrüge ist schnellstmöglich zu prüfen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt. Vertrag, anerkannte Regeln der Technik und der „funktionale Mangelbegriff“ helfen Ihnen hier weiter.
- Ist ein Nachunternehmer für den Mangel verantwortlich, sollten Sie unverzüglich die Mängelrüge durchstellen und zur Beseitigung des Mangels innerhalb einer Frist auffordern, die kürzer ist als die eigene erhaltene Frist.
- Wie der Mangel beseitigt wird, ist Sache der Baufima. Die erfolgreiche Beseitigung ist allerdings nötig.
- Enge Kommunikation mit dem Auftraggeber hilft Reibungen zu vermeiden.
- Fristen zur Mängelbeseitigung sind auf jeden Fall einzuhalten, zu kurze Fristen müssen unverzüglich beim Auftraggeber beanstandet werden.
Weiterlesen & Weiterbilden
Weitere Artikel von Prof. Dr. Günther Schalk
Erfahren Sie hier mehr über rechtssicheren Schriftverkehr und Dokumentation.
Lesen Sie hier, wie Ihnen die Bedenkenmitteilung helfen kann, die Mängelhaftung einzudämmen und was Sie dabei berücksichtigen müssen.
Webinar Bauleitung – Wer schreibt, der bleibt.
Wer schreibt, der bleibt – ein wichtiger Grundsatz für alle Bauleitungen. Und deshalb auch der Titel des ersten Bauleitungs-Webinars im März 2026.
Referent Prof. Dr. Günther Schalk vermittelt Ihnen an zwei Vormittagen die wichtigsten Grundlagen, über die Sie zum Thema „Rechtssicherer Schriftverkehr & Dokumentation“ verfügen müssen.
