„Wer schreibt, der bleibt“, sagt ein Sprichwort. Tatsächlich ist Schreiben das tägliche Brot der Bauleitung. Um im Dickicht zwischen zu wenig und zu viel Schreiben den Überblick nicht zu verlieren, ist wichtig zu wissen, wann Schreiben Pflicht und wann nur Kür ist.
Bauingenieur/-in wird, wer bauen möchte, Schriftsteller/-in, wer schreiben will. Übernimmt aber ein Ingenieur oder eine Ingenieurin die Bauleitung, dauert es nicht lange bis zur Feststellung, dass man in einem oftmals engen Takt auch mit lästigen rechtlichen Themen konfrontiert wird. Und schon melden sich die Baujuristen und predigen, doch unbedingt so viel wie möglich an die Vertragspartner zu schreiben. Beim Auftraggeber stößt das freilich nicht immer auf Gegenliebe. Vielfach verdirbt jedes weitere Schreiben der Baufirma proportional die Laune des Auftraggebers. Umso wichtiger ist die Frage, warum Schreiben eigentlich wichtig ist und wann.
Warum muss die Bauleitung schreiben?
Dass die Juristen so auf der schriftlichen Niederlegung beharren, hat zwei nüchterne Gründe: Zum einen steht in den Regelwerken an einigen Stellen ausdrücklich die Vorgabe, dass Schriftform nötig ist. Sonst ist eine Absprache wegen eines Formmangels unwirksam oder ein Problem gilt als nicht angezeigt. Zum anderen gibt es durchaus einige Baustellen, die irgendwann vor Gericht landen. Dann ist eine möglichst intensive Dokumentation elementar wichtig darüber, was passiert ist und was kommuniziert wurde.
Wann muss die Bauleitung schreiben?
Liegt ein VOB-Vertrag zu Grunde, gibt es für Baufirmen zwei Situationen, in denen die VOB ausdrücklich fordert, dass der Auftraggeber schriftlich zu verständigen ist: die Bedenkenmitteilung und die Behinderungsanzeige. Die entsprechenden Vorgaben findet man in der VOB/B.
VOB/B §4 Abs. 3: „Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich - möglichst schon vor Beginn der Arbeiten - schriftlich mitzuteilen.“
VOB/B §6 Abs.1: „Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen.“
In beiden Fällen ist wichtig, dass (zumindest auch) der Auftraggeber das jeweilige Schreiben bekommt und nicht nur das Architekturbüro oder die Bauleitung des Auftraggebers auf der Baustelle. Das reicht nur aus, wenn diese ausdrücklich für diese Zwecke bevollmächtigt wurden.
Wie geht eigentlich „Schreiben“?
„Schriftlich“ war früher viel einfacher: Das war der klassische Brief, der am besten per Einschreiben an den Vertragspartner geschickt wurde. Mit mehr – und schnelleren – Kommunikationsmitteln wird der Vorgang komplexer. Briefe schreibt man nicht mehr. Die Frage ist nun: Reicht eine E-Mail aus, wenn etwas „in Schriftform“ passieren muss? Die Antwort ist mal wieder: Kommt darauf an!
Hinweis: Wenn in einer Norm „Schriftform“ gefordert wird, braucht es ein Schreiben, das eigenhändig oder mit einer qualifizierten digitalen Signatur unterschrieben ist.
Eine ganz normale E-Mail reicht also hier nicht aus. Außer es ist – wie beim VOB-Vertrag – das Erfordernis der Schriftform im Vertrag begründet worden. Dann hilft § 127 BGB, und es reicht regelmäßig eine einfache Mail aus. Der sicherste Weg: Die Gerichte tun sich am leichtesten, wenn ein Fax mit Unterschrift an den Auftraggeber versendet wurde. Dass viele Baufirmen inzwischen gar kein Faxgerät mehr besitzen, ist vielen Gerichten noch gar nicht aufgefallen. Zumindest immer mehr Richter akzeptieren ein handschriftlich unterzeichnetes Schreiben, das als PDF per Mail versandt wurde.
„Schreiben vom 15.? Hier nicht angekommen!“
Gerade bei wichtigen Schriftstücken muss der Versender im Streitfall nachweisen können, dass der Empfänger das Schreiben wirklich bekommen hat. Wenn der Auftraggeber etwa vor Gericht behauptet, er habe nie eine Behinderungsanzeige bekommen, muss die Baufirma nachweisen, dass sie eine solche geschickt und der Auftraggeber diese auch erhalten hat. Für diesen Zugangsnachweis haben Sie mehrere Möglichkeiten:
- eine Antwortmail des Auftraggebers auf das Schreiben,
- die persönliche Übergabe, wobei man dann notieren sollte, wer wann wem welches Schreiben gegeben hat,
- die Sendebestätigung aus dem Faxgerät.
Mit Lesebestätigungen für eine E-Mail tun sich die Gerichte leider immer noch etwas schwer.
Zusammenfassung
- Schriftverkehr & Dokumentation sorgen für klare Verhältnisse, auch bei Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern. Zudem sichern Sie sich Nachweise für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
- Wenn Sie sich unsicher sind, ob und wann Sie schreiben müssen: Lieber einmal mehr als einmal weniger. Denn wer schreibt, der bleibt.
- Achten Sie auf die geltenden Anforderungen an die Schriftform.
- Berücksichtigen Sie die Notwendigkeit des Zugangsnachweises.
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