Stehen deutsche Großprojekte im Ruf der verspäteten Fertigstellung, kann das neue Bauvertragsrecht selbstverständlich auch nicht pünktlich sein. Derzeit befindet es sich noch im Gesetzgebungsverfahren, dabei sollte es eigentlich bereits verkündet sein. Der derzeitige Entwurf wird jedoch wohl in weiten Teilen beschlossen werden. Der erste Teil der neuen Regelungen enthält allgemeine Vorschriften zum Werkvertrag. Diese Regelungen gelten für alle Werkverträge, also auch für den Bauvertrag. Schauen wir uns die Regelungen schon einmal an.
Die Höhe einer Abschlagsrechnung, § 632 a BGBE
In § 632 a BGBE soll der Maßstab zur Bestimmung der Höhe einer Abschlagsrechnung geändert werden. Bisher bestimmte sich die Höhe aus dem Wertzuwachs bei dem AG, den der AN bis zur Stellung der Abschlagsrechnung mit seiner Leistung bewirkt hat. Nach der neuen Regelung sollen sich Abschlagsrechnungen nach der Höhe des Wertes der Leistung des AN bestimmen. Damit soll dem AN eine leichtere Stellung von Abschlagsrechnungen ermöglicht werden. Der AG soll vor „versteckten Vorauszahlungen“ geschützt werden.
Das Problem, welches der Gesetzgeber lösen möchte, war mir bislang in der Praxis noch nicht begegnet. Hatten Sie schon einmal ein Problem bei der Bestimmung der Höhe einer Abschlagsrechnung, weil Sie den Wertzuwachs des Bauwerkes des AG bestimmt haben? Der Gesetzesentwurf übernimmt jetzt nur den Regelungsgehalt, wie er in § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B enthalten ist. Dessen Anwendung ist bislang weit verbreitete Praxis, auch wenn die VOB/B nicht vereinbart ist. Daher sind Verbesserungen bei der Stellung von Abschlagsrechnungen oder bei dem Schutz der Rechnungsempfänger durch die neuen Regelungen in § 632 a BGBE nicht zu erwarten.
Mangeleinbehalte bei Abschlagsrechnungen
Bislang konnten Abschlagszahlungen durch den AG verweigert werden, wenn wesentliche Mängel vorhanden waren. Das Kriterium der Wesentlichkeit ist im neuen Entwurf gestrichen worden. Daher ist der AG auch bei unwesentlichen Mängeln berechtigt, weiterhin ca. das Doppelte der voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung einzubehalten. Daraus ergibt sich für die Praxis auch keine wesentliche Änderung.
Die Abnahme durch Fiktion, § 640 BGBE
Die Abnahme wurde neu geregelt zu dem Zweck, das Abnahmeverfahren zu beschleunigen und zeitnah Rechtsklarheit herzustellen. Ist das gelungen? Wie bisher kann der AN dem AG eine Frist für die Abnahme setzen, wenn das Werk fertiggestellt ist. Wenn der AG innerhalb der Frist nicht reagiert oder die Abnahme nicht unter Angabe von Mängeln verweigert, tritt nach der neuen Regelung die Abnahmefiktion ein.
Neu ist also lediglich, dass der AG Mängel angeben muss. Bislang reichte es aus, die Abnahme ohne Angabe von Mängeln zu verweigern. Ist das eine Verbesserung? Es hätte eine sein können, wenn der AG alle ihm zu diesem Zeitpunkt bekannten Mängel nennen müsste. Das ist aber nicht so. Der AG kann jederzeit, also auch in einem Rechtsstreit, weitere Mängel benennen. Damit ist der Unterschied der neuen Regelung lediglich, dass der AG irgendwelche Mängel benennen muss. Aus meiner Sicht wird damit in der Praxis keine Verbesserung zu erreichen sein. Schade.
Die Kündigung aus wichtigem Grund, § 648 a BGBE
Bislang konnte der AG den Werkvertrag nach § 649 BGB jederzeit frei kündigen. Ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gab es im Gesetz für den Werkvertrag nicht. Die Rechtsprechung hat aber ein Recht des AG zur Kündigung aus wichtigem Grund gewährt, wie es in § 8 VOB/B auch enthalten ist. Der Gesetzgeber regelt also lediglich, was die Rechtsprechung schon angewendet hat. Einzelne Kündigungsgründe sind im neuen BGB aber nicht enthalten. Daher wird man weiterhin die Entwicklung in der Rechtsprechung abwarten müssen. Soweit also auch hierzu nichts Neues.
Mein Fazit
Die allgemeinen Regelungen zum Werkvertragsrecht werden in der Praxis keine Veränderung bringen. Die speziellen Regelungen zum Bauvertrag könnten deutlichere Auswirkungen haben.
© Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co.KG, Köln 2017 [Autor: Dr.-Ing. Helmuth Duve]